So war es auch. Gebucht haben wir eine sonnig ruhige zentrale Wohnung. Die Realität, eine Wohnung neben dem grössten Fetischclub der Welt, dem KitKat Club und gleich um die Ecke einer der berühmtesten Techno Clubs Berlins. Drei Etagen Party im ehemaligen Heizkraftwerk. Zugegeben, so partyzentral war ich noch nie. Jetzt huscht bereits ein Lächeln über Euer Gesicht. Aber jetzt der Reihe nach.

In der NachtFetisch und Techno, am Tag Verkehr, ein Paketshop und im Laden links der Presslufthammer.

Ich hatte bis dato nur gute Erfahrungen mit airbnb. Da kann sich nach all den Jahren schon einmal ein Querschläger darunter mischen. Gebucht haben wir das Appartement Brücken Deluxe 1/3 (1. Etage – 3 Zimmer), in Berlin Mitte, Nähe Alexanderplatz. Original Wortlaut >mit originellem Design<. Das mit dem Design habe ich – glaube ich – nicht verstanden. Design scheint ein dehnbarer Begriff. Auch der angebliche Balkon entsprang einer Phantasie, was bei der Lage kein Nachteil war. Der beste Teil des airbnb-Inserates: Sonnige und ruhige 4-Zimmer-Wohnung. Waren wir in der falschen Wohnung?

Der Hauseingang an der Brückenstrasse nicht gerade einladend. Verschliessen liess er sich kaum.

Das angeblich >wunderschön renovierte Haus< war alles andere. Der Teppich im Stiegenhaus klebte förmlich, zusätzlich verziert mit Glasscherben, Zigarettenstummeln, Gurken und Tomaten… Auch die >klassische Eleganz < konnte ich nicht entdecken. >Diese exquisite Wohnung wird nach Ihrem Aufenthalt einen bleibenden Eindruck hinterlassen<. Das kann ich bestätigen.

Stiegenhaus  – die Treppe ist mit einem Teppich überzogen von möglicherweise noch vor der Wende.

Ich dachte spontan: Berlin halt.

Schon beim Auftauchen aus der U Bahn war klar, das Leben hat uns.

Schon bei Ankunft in der U-Bahn Station Heinrich Heine Strasse kamen uns die ersten Zweifel. Ich muss anmerken, dass meine Kollegin ausdrücklich eine belebte Gegend gewünscht hat. :-P Die Partyleichen der Vornacht zierten den Gehweg, alle in sehr speziellen, dürftigen Monturen. Dann war da dieses Plakat direkt neben unserem Hauseingang. Ich begann scharf zu kombinieren. Mr. Google tat dann den Rest. Es war klar: wir wohnen die nächsten Tage direkt neben dem Kit Kat Berlin, dem grössten Fetischclub der Welt. Wer mehr dazu wissen will, die Links findet ihr am Ende vom Beitrag. Sonst liest doch hier keiner mehr weiter. Oder?

Das Plakat neben unseren Hauseingang gab uns gleich zu denken.

Das Haus selber lag an einer stark befahrenen Strasse, vis-à-vis eines 24 hours liquor store, der sich nach amerikanischem Vorbild zu Tode blinkte Und zwar direkt in mein Schlafzimmer im ersten Stock. Unterstützt von einer Strassenlaterne. Die Vorhänge waren eindeutig überfordert. Bei dem ganzen Geblinke rund um die Uhr – Ambulanz, Polizei, Taxis und Liquor Store hatte ich schon fast Sorge vor einem epileptischen Anfall.

24 Stunden offen – fast wie in Amerika.

Ein bisschen schauen darf man

Unangenehm war der Lärm – weil die Party nie zu Ende ging. Ich habe das natürlich auch ein wenig beobachtet. Scheinbar verlassen die Leute die Clubs und kaufen Alkohol billig im Liquor Store vis-à-vis ein. Der blinkt deshalb so kräftig, dass ihn keiner übersieht.

Ein Blick aus dem Fenster – und ein scheinbar völlig zugedröhnter Mann kippt vor ein Auto und wird fast überfahren. Ein anderer rutscht in voller Montur auf Knien an der Leine einer Frau in den Store und fleht nach Alkohol. Besser als das Fernsehprogramm.

Im Stiegenhaus leben sich die Leute dort scheinbar voll aus.

Ganz ehrlich – Stellt Euch einmal vor diese ruhige Wohnung bucht ein Familie mit Kindern? Erklärungsnotstand ist die Folge. Sagt man den Kids dann, es wäre Berliner Karneval. Wie erklärt man all die Betrunkenen, die Leder- und Latexkostüme, die Herren an Leinen mit Halsbändern, die Transvestiten, Halbnackten und Nachtvögel…?

Das Stiegenhaus hätte also noch Potential. Die Wohnung war Rauchfrei.

Die Geschichte Berlins holt mich ein

Die Wohnung selber war ein schöner Altbau mit hohen Räumen und Stuck. Vor der Türe findet sich einer von 7.511 Stolpersteinen Berlins. Stolpersteine erinnern an deportierte Juden. Das hat mich berührt. Mich in einer Art demütig gemacht. Was dagegen ist Lärm und Dreck?

Wer eine Reise tut, kann was erzählen. Berlin, ich komme wieder. Einfach in ein Hotel das nächste Mal.

Wir haben unseren Vermieter – oder Zuständigen – gefragt, wo wir in der Nähe essen konnten. Er hat uns den Döner Laden um die Ecke empfohlen. Ahja… mir  kamen fast die Tränen.Ein bisschen Gerechtigkeit gab es schon. Ich hatte das Zimmer nach vorne, meine Kollegin das nach hinten in den Hof, das laut war aber dunkler, dafür ein schon ziemlich strapaziertes Bett.

Das war die Restaurantempfehlung. :-) Gleich um die Ecke.

Das Bett hat schon einiges mitgemacht.

Wer bus jetzt durchgehalten hat, hier gehts zum KitKat Club Berlin. Wer gute Nerven hat, kann auch das noch lesen. Ein Nacht im KitKat Club.  Dem Club für zivilisierte Menschen. So steht es auf der Webseite.

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